Mond-Impakt bei den Quadrantiden 2009
Für den 3.1.2009 wurde ein starkes Quadrantidenmaximum vorhergesagt. Zu der Zeit
stand der Mond im 1. Viertel am Abendhimmel, während der Radiant erst
am Morgenhimmel ideal positioniert war. Unter solchen Bedingungen lohnt es sich
nach möglichen Impakten auf dem Mond Ausschau zu halten.
Zusammen mit Otto Farago wurde am 3.1.2009
eine kleine Beobachtungskampagne gestartet. Die Bedingungen waren für die Quadrantiden sehr günstig.
Es wurde für den Nachmittag ein starkes Maximum vorhergesagt, dass etwa 3,5 Stunden später auf dem
Mond ankommen sollte.
Mein Standort lag in Bayrischzell
in den bayrischen Alpen, während Otto Farago 250km entfernt in Stuttgart beobachtete.
Durch die Double-Station-Aufzeichnung lassen sich Impaktkandidaten von Weltraumschrott, Cosmics
und irdischen Meteoren unterscheiden.
Trotz durchziehender Wolken an beiden Standorten gab es längere Sequenzen mit
gemeinsamen Aufzeichnungen. Leider gestaltete sich die Auswertung schwierig.
Bei 25 Bildern pro Sekunde kommen pro Stunde fast 100.000 Bilder zusammen!
Die Nasa bietet zwar eine automatische Scannersoftware an, die jedoch
auf DOS basiert und im Handling extrem unkomfortabel ist.
So blieben die Daten fast 2 Jahre liegen, ohne ausgewertet zu werden.
Aus statistischen Überlegungen war aber ziemlich sicher,
dass in den Daten ein Impakt sichtbar sein müsste.
In
der gleichen Nacht gab es in den
USA noch 2 positive Sichtungen.
Doch Parallelaufnahmen zu unserem Videos gab es leider nicht.
Im Mai 2011 wurden die Videos nochmal rausgesucht und per Hand ausgewertet.
Bei der sehr mühsamen handischen Auswertung fand sich nun ein sehr
vielversprechender Kandidat.
Er ist auf 7 Bildern zu je 1/50s nachweisbar
(AVI mit Live-Geschwindigkeit).
Tatsächlich fand sich in den Daten von Otto Farago exakt zum richtigen Zeitpunkt
an der passenden Stelle das Gegenstück. Bei Ihm wurde mit 25fps gearbeitet und
der Lichtblitz ist bei schlechteren SNR und Kompressionsartefakten
auch nur auf 2 Bildern zu erkennen.
Für eine Bestätigung ist die Datenqualität jedoch völlig ausreichend.
Per Overlay kann man im Vergleich erkennen das die Position identisch ist.
Leider sind die Oberflächenstrukturen für ein Overlay nur schwer zu lokalisieren.
Daher wurden aus Ottos Video ein Dutzend Bilder gemittelt um das SNR zu verbessern.
Wenn man dann die Bilder aus Stuttgart und Bayrischzell blinkt, kann man
die perfekte übereinstimmung besser erkennen.
Für Folgeuntersuchungen könnte die Lage des Impaktors interessant sein.
Zur Orientierung dienten der im sekundären Licht gut sichtbare helle Krater Aristarch
und die Wallebene Grimaldi.
Per Overlay mit verschiedenen Karten wurde eine Position bei 40 Grad West und 5,5 Grad Nord ermittelt.
Der Impakt erfolgte südwestlich von Kepler unweit des kleinen Kraters Maestlin.
Beim Impaktor handelt es sich vermutlich um einen Quadrantiden. Ganz sicher
kann man das nicht sagen, doch es lässt sich überprüfen ob der Radiant an
der entsprechenden Mondstelle über dem Horizont
gestanden hat.
Tatsächlich zeigt die Simulation einen Radiantenstand zum
Impaktzeitpunkt von etwa 12 Grad Höhe. Das es sich um einen Quadrantiden
handelt, ist also durchaus möglich. Der Impakt wäre sehr flach erfolgt.
Es ist verführerisch anzunehmen, dass die längliche Form des Impaktes auf den ersten Bildern durch den flachen
Einschlag verursacht wurde.
Bei genauerer Analyse lässt sich diese Vermutung jedoch nicht halten.
Die Einflugschneise der Meteore ist fast 90 Grad gegen die Impaktorientierung gedreht.
Die längliche Form des Impaktes ist auf wohl auf den Komafehler des verwendeten Newtons
zurückzuführen. Der Impaktflasch ist rund, aber er erstreckt sich beim Verblassen über
mehrere Pixel. Dies könnte ein Indiz für eine flächige Impaktwolke sein.
Rein rechnerisch müsste die Impaktwolke aber sehr klein sein. Da sich das Auswurfmaterial
nicht schneller bewegen kann als der Impaktor, dürfte sie sich nach 0,08s nur max. 3km im Radius
oder 6km im Durchmesser ausgebreitet haben. Das wäre kaum mehr als ein Pixel.
Die Helligkeit des Impaktes ist nicht exakt zu photometrieren, da dass Signal
auf den ersten Bildern übersteuert ist.
Im Laufe der Nacht wanderte der Mond an jedoch einigen Sternen mit 9mag und 7 mag vorbei, die
zumindest einen Anhaltspunkt liefern.
Aus dem Vergleich mit den Sternen lässt sich eine Impakthelligkeit von 6,x mag ableiten.
6,x mag ist sehr hell, aber es gab schon ähnlich helle Kandidaten in den professionellen Aufzeichnungen.
Bisher wurden beim Nasa-eigenen
Messprogramm
bis März 2011 genau 241 Impakte aufgezeichnet. Die weitaus meisten wurden vom NASA Marshall Space Flight Center
gemeldet. Nur 7 Amateursichtungen wurden verzeichnet. Sie sind in dem PDF unter
http://www.nasa.gov/centers/marshall/pdf/155422main_ALAMO_lunar_impact_observations241.pdf
farbig markiert.
Weitere 13 Kandidaten mit gesicherter
doppelter Beobachtung wurden dem MSFC gemeldet
und sind anerkannt, fanden sich aber nicht in den Daten des MSFC.
Während das Signal auf dem Video aus Bayrischzell ausgebrannt war und daher nur eine Schätzung anhand des Durchmessers auf 6,x mag möglich ist, war das Signal aus dem Stuttgarter Video prinzipiell für die Photometrie geeignet. Bei der dort verwendeten WATEC 902H2 SUPREME war jedoch
die Automattic-Gain-Control (AGC) eingeschaltet. Dies führte dazu das die Bild je nach Position des hellen Mondrandes unterschiedlich belichtet wurde. Im Moment des Impaktes war viel vom hellen Mondteil im Bildfeld und die Kamera war deshalb sehr dunkel eingestellt. Später als passende
Vergleichsterne das Gesichtsfeld passierten, war die Kamera deutlich empfindlicher eingestellt. Um die Aufnahmen miteinander vergleichen zu können
wurde versucht sie anhand des sekundären Lichts der Mondfläche zu kalibrieren.
Die Kalibration erfolgte in mehreren Schritten.
-Zuerst wurden jeweils 11 Bilder mit Fitswork gemittelt um das SNR zu verbessern
-dann wurde das Impaktbild mit der Funktion ´Maximaler Pixelwert´ addiert
-dann wurden die beiden Ergebnisbilder mit dem Gammafaktor 0,45 korrigiert
-danach wurden die Bilder passgenau aufeinander ausgerichtet
-jetzt wurden die Pixelwerte in Impaktnähe miteinander verglichen und die Tonwerte angepasst
-Die Gebiete im weiteren Umfeld des Impaktes wurden in der Helligkeit reduziert
-und dann die Ergebnisbilder vom Impakt und Vergleichstern mit der Funktion ´Maximaler Pixelwert´ addiert.
-Das Ergebnisbild konnte nun Photometriert werden.
Der Bilder wurden mehrfach bearbeitet und die Messung mehrfach wiederholt
um ein Gefühl für die möglichen Fehler zu bekommen.
Der Mittelwert mehrerer Messungen liegt bei 5,0 mag. Als Fehler kann man grob auf +-0,8 mag schätzen.
Die Differenz von etwa 1mag steht im Wiederspruch zu der Durchmesser-Messung
aus Bayrischzell. Das AGC könnte die Belichtungszeit in Stuttgart auf unter 1/50s reduziert haben, wodurch nur
der hellere Beginn des Impaktflash aufgezeichnet wurde.
Die weiteren Überlegungen zeigten jedoch, das dies nicht stimmen kann. Beim Vergleich mit
anderen Messungen ergeben sich sonst nur schwer erklärliche Abweichungen. Michael Parl
und Andreas Eberle nahmen sich ebenfalls der Daten an. Beide verfügen über detailierte Kenntnisse
in der Photometrie und bestätigen eher die Durchmessermessung aus Bayrischzell mit etwa 6 mag.
Trotz 2 jähriger Verspätung bei der Auswertung wurde Mondimpakt vom 3.1.2009 auf der Homepage des Marshall Space Flight Center akzeptiert. Unter
http://www.nasa.gov/centers/marshall/news/lunar/independent_impact_candidates.html
werden alle als zweifelsfrei eingestuften Impakte zusammengefasst, die von unabhängigen Beobachtern gemeldet wurden, aber nicht parallel von den Arbeitsgruppen MSFC entdeckt worden sind. Der Impakt von 2009 ist der erste Listeneintrag aus Deutschland und hat die Nummer 13 bekommen…….Hoffentlich kein schlechtes Omen für zukünftige Entdeckungen….
Tipps für Impaktbeobachter:
-Der Radiant sollte idealerweise 180 Grad gegen den Mond stehen.
-Impakte sind gar nicht so selten.
Man schätzt 1 Sporade auf 24 Stunden
effektiver Beobachtungszeit, doch bei den großen Strömen
wie Perseiden oder Geminiden ist der Faktor 10 mal
höher, so das man nach 2,5 Stunden mit einem Treffer rechnen kann.
Dazu einige Profimessungen während großer Ströme:
-Impakte sind gar nicht so schwach.
7mag ist ein häufig registrierter Wert.
Man kann aber durchaus auch 9mag erreichen.
-das richtige Feld wählen
Falls die Brennweite für den Komplettmond zu hoch ist,
das passende Gesichtsfeld auf dem Mond wählen:
-Fehlerquellen minimieren durch weit entfernte Doppelstation
.Beispiel: Satellitenschrott
.Beispiel: Cosmics
.Beispiel: Meteor in Sichtrichtung
Also was man tun sollte:
-Bei jedem starken Strom beobachten
-Geometrie des Mondes zum Radianten überlegen, um sicherzustellen das es überhaupt Einschläge geben kann. (ideal 180 Grad)
-passendes Gesichtsfeld auf dem Mond überlegen
-Doppelstationsbeobachtung mit einigen Kilometern Entfernung um Fehler auszuschließen.
Die Bedingungen für 2012 sind sehr gut:
Hauptseite
Impaktseite der NASA (MEO-Projekt)
Liste aller der NASA gemeldete Double-Station-Impakte Beobachternamen
Bestätigte Impakte mit doppelter Beobachtung außerhalb des NASA-MSFC
Mintron & Watec Aufnahmen
Lunar Impacts bei der ALPO http://alpo-astronomy.org/lunar/lunimpacts.htm
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