Perseiden 11.-13.8.2022 III


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Der Kurzurlaub zu den Perseiden 2022 wurde auch mit einem touristischen Programm verknüpft. Wir hatten in den 3 Tagen zwar gutes Wetter, aber es hätte ja auch 3 Tage Wolken geben können und da ist es besser die Zeit gut zu nutzen. Selbst bei guten Wetter sind die Sommernächte ausreichend kurz um mit ein paar Stunden Schlaf über die Runden zu kommen. Spätestens am Nachmittag stellte sich also die Frage: Was tun?
In der schönen Schweiz ist diese Frage einfach zu beantworten und in der Hauptstadt Bern ist es besonders leicht. Die Sternwarte Zimmerwald war nur 20 Minuten von Bern entfernt und das Quartier lag in der Altstadt an einer der schönsten Straßen der Europas. Goethe war sogar der Meinung die Hauptstraße der Berner Altstadt sei die schönste Straße der Welt und vielleicht stimmt das sogar. Die Bebauung ist einheitlich aus dem späten Mittelalter. Typisch sind die 6 Kilometer langen Laubengänge. Es ist die längste gedeckte Einkaufspromenade Europas Die Altstadt von Bern wurde daher zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt.


Die Altstadt liegt malerisch auf einem Bergsporn.

Im Norden, Osten und im Süden wird sie durch die Schleife der Aare abgegrenzt. Der Fluss ist recht breit und tief. Teilweise sogar schiffbar. Die Stadt war dadurch leicht zu befestigen. Es gab mit der Ausdehnung der Stadt mehrere Befestigungsmauern. Der Käfigturm stand auf der 2. Befestigungs-Linie und diente später als Gefängnis. Heute fährt die Straßenbahn hindurch.

Eindeutige Hinweise auf eine Besiedlung des Gebietes der heutigen Altstadt fehlen für das frühe Mittelalter. Ende des 12. Jahrhunderts erfolgte die Gründung der heutigen Stadt Bern. Im Jahr 1218 starb das Geschlecht der Zähringer aus und Bern wurde später Reichsstadt. In der Folge immer mächtiger werdend, entwickelte sich Bern zum grössten Stadtstaat nördlich der Alpen. Die Stadt selbst hatte zwar nur 20.000 Einwohner, ihr Territorium umfasste aber mehr als ein Drittel der Schweiz und reichte geschlossen vom Rhein bis zum Genfer-See.

Als Oberzentrum wurde die Stadt im ausgehenden Mittelalter sehr reich und sehr mächtig. Prächtige Bauten der führenden Patrizier in Stadt und Umland waren die Folge.


Bei einem Brand um 1405 wurden mehr als 600 Häuser vernichtet. Beim Wiederaufbau nach dem Stadtbrand wurde 1406 mit dem Bau des Rathauses und 1421 mit dem Bau des Berner Münsters begonnen. Beides sind gut erhaltene gotische Prachtbauten.

Im Jahr 1798 besetzten französische Truppen die Stadt und es begann ein Niedergang. Mitte des 19Jh. führten revolutionäre Unruhen zu einer Verfassungsreform und bald wurde Bern Bundesstadt. Hauptstadt ist Bern nicht, da die Schweiz bis heute formell ein Staatenbund aus 26 Kleinstaaten ist, die alle eine eigene Hauptstadt besitzen. Der 27ste Kleinstaat ist Liechtenstein. Liechtenstein hat nur die Zoll- und Währungsrechte abgegeben, und viele andere Rechte behalten. Das Bundesparlament ist ein stattliches Gebäude über der Aare:



Das Berner Münster ist die grösste und wichtigste spätmittelalterliche Kirche der Schweiz. Es wurde im Stil der Gotik erbaut und gehört zu jenen gotischen Kirchen, die erst im 19. Jahrhundert vollendet werden konnten.


Wie in Ulm wurde der Turm nicht fertig. Der Turmbau scheiterte an zu großen Ambitionen da er sogar den Ulmer Turm noch übertreffen sollte.


Zwischen 1460 und 1480 schuf der Steinmetz Erhart Küng die Figuren der Hauptvorhalle sowie das weltbekannte Münsterportal. 1517 wurde der gotische Chor mit dem Himmlischer Hof genannten Gewölbe vollendet, aber mit der Reformation von 1528 wurden die Bauarbeiten eingestellt. Erst 1571 wurde weitergebaut, und 1573 konnte unter dem Werkmeister Daniel Heintz auch das Netzgewölbe des Mittelschiffs, als letzte mittelalterliche Baumassnahme, eingezogen werden. Bereits 1521 wurde der Turmbau auf der Höhe des unteren Achtecks wegen schwacher Fundamente unterbrochen. Erst 1893 erreichte der Turm seine volle Höhe von 100,6 Meter.

Am 27. Februar 1528 wurde nach einer Predigt des Zürcher Reformators Huldrych Zwingli die Messe eingestellt und zum Bildersturm angesetzt. 25 Altäre wurden zerschlagen, das Sakramentshaus eingerissen, Standbilder zerstört und auf der Plattform entsorgt. Die Reste vieler Figuren wurden vor einige Jahren wiedergefunden und stehen heute im Keller der Berner historischen Museums. Die 1986 geborgenen Fragmente des sogenannten Berner Skulpturenfunds gehören zu den Attraktionen des Museums.

Die 234 fein gearbeiteten Sandsteinfiguren des Münsterportals stellen das Jüngste Gericht dar und sind weltberühmt. Die ursprünglich in der Mitte, zwischen den klugen und den törichten Jungfrauen stehende Figur der Jungfrau Maria wurde nach der Reformation, im Jahr 1575, durch eine allegorische Darstellung der Gerechtigkeit (Justitia) ersetzt

Das Portalrelief enthält einige interessante Details. U.A. ist ein Papst zu sehen der zur Hölle fährt. -  Es wird vermutet das wegen dieser Darstellung das Portal die Reformation überlebte.

Das Chorgewölbe wurde 1517 vollendet. Es besitzt 86 figürliche Schlusssteine, die dem Bildersturm entgangen sind.


Der Chor des Münsters enthält sechs grosse, vierbahnige, spätgotische Masswerkfenster mit Glasmalereien. Entstanden sind sie zwischen 1441 und 1451. Drei Fenster sind nahezu original erhalten geblieben.


Das Chorgestühl wurde zwischen 1522 und 1525 vom Schreinermeister Jacob Ruess aus Schaffhausen und seinem Gesellen Heini Seewagen angefertigt. Die Vorlagen dazu hatte Niklaus Manuel gezeichnet, der wie Ruess den Renaissancestil in Italien kennengelernt hatte. Sie setzten erstmals im Münster den Rundbogenstil und die Renaissance-Ornamentik ein.


Das Bildprogramm zeigt an den Rückwänden Brustbilder der Apostel (Nordseite) sowie der Propheten (Südseite). Auf den Aussenwangen des Chorgestühls werden biblische Szenen dargestellt, während die Figuren, welche die Sitze schmücken, Menschen aus dem täglichen Leben zeigen.


Das Bernische Historische Museum besitzt umfangreiche Sammlungen zur Geschichte der Stadt und des Kantons Bern

Erwähnenswert sind die Burgunder Tapisserien, die während der Burgunderkriege dem burgundischen Herzog Karl dem Kühnen abgenommen wurden.
Eine Sonderausstellung zeigte japanische Rüstungen






Der Berner Silberschatz ist eine beeindruckende Sammlung des Ratssilbers aus dem 16. bis 19. Jh. Da es keine Kriege gab, hat sich das Ratssilber der mächtigen Stadt fast vollständig erhalten.
Die Ausstellung präsentiert um die 90 Objekte der Gold- und Silberschmiedekunst. Die Pokale, figürlichen Trinkgefässe und Ehrengaben aus Renaissance und Barock berichten von bedeutenden Ereignissen im politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben.


Der Chef des Berner Stadtrates residierte auf einem Thron. Sein Ansehen war ähnlich hoch wie das des Dogen in Venedig.


Das Dachgeschoss beschäftigt sich mit Bern im 20-Jh. Dabei wird pro Jahr ein Ereignis oder eine Pioniertat vorgestellt, wodurch der jeweilige Zeitgeist fassbar wird. Rund 200 Originalobjekte und zahlreiche Reproduktionen geben Einblick in die unterschiedlichen Lebensbereiche von Politik über Wirtschaft, Gesellschaft, Sport, Technik, Wissenschaft, Alltag bis hin zu Kunst und Design.

Teil des Historischen Museums ist das Einstein-Museum. Als er seine weltberühmte Formel E=mc² schuf, wohnte Albert Einstein in Bern. Das Einstein Museum stellt das Leben und Werk des Physikers in den Kontext der Weltgeschichte. Originale gibt es aber wenig, aber auf den Schautafeln gibt es einiges zu lesen.

Das Einstein-Haus ist eine etwa 1km entfernte Filiale des Historischen Museums. Einstein ist in Bern 6 mal umgezogen, so dass es eigentlich 7 Einsteinhäuser geben könnte. Doch die die Wohnung im 2.Stock an der Kram­gasse 49 hatte Einstein 1903 bis 1905 am längsten gemietet. Ein Zimmer ist im Stil jener Zeit eingerichtet. Sonst sind nur Schautafeln und ein Film zu sehen.

Einige Fotos und Briefe sind original. Sie zeigen u.a. das Schicksal seiner ersten Frau Mileva.

Einstein als Kind. Er war seiner Mutter sehr ähnlich.



Der deutsche Maler Paul Klee (1879–1940) hat in Bern gut die Hälfte seines Lebens verbracht. Von seinem fast 10'000 Werke umfassenden Œuvre konnten 40 Prozent, das heisst rund 4000 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen, sowie Archivalien und biografische Materialien im Zentrum Paul Klee zusammengeführt werden; es ist damit die weltweit bedeutendste Sammlung von Klees Werken.


Die Ausstellung vermittelt gut Klees Vielfältigkeit. Sein Werk wird dem Expressionismus, Konstruktivismus, Kubismus, Primitivismus und dem Surrealismus zugeordnet.
Paul Klee gehört zu den bedeutendsten bildenden Künstlern der Klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts. Seine extreme Fruchtbarkeit zeigt niemals Anzeichen von Wiederholung, wie es gewöhnlich der Fall ist. Er hatte soviel zu sagen, dass ein Klee nie wie ein anderer Klee ist.“ An dem Zitat ist was Wahres dran. Es gibt keinen Klee-Stil. Jedes Werk wirkt dadurch wie ein kleiner Donnerschlag.



Ein zentrales Bild ist die ´Glasfassade´. Das Gemälde wurde beidseitig bemalt was man erst spät feststellte



Wie Miró und Picasso verwendete auch Klee Motive kindlichen Zeichnens. Die Strichmännchen, vereinfachte Umrisse, Kritzeleien und die Perspektive des wie verwundert, neugierig auf die Menschen und ihre Welt Blickenden erklärt er mit seiner Disziplin, auf wenige Stufen reduzieren zu wollen.

Die Grafik spielt im Werk Paul Klees eine besondere Rolle, denn vom Gesamtwerk des Œuvrekatalogs sind mehr als die Hälfte grafische Werke. Damit kann Klee als einer der wichtigsten Grafiker des frühen 20. Jahrhunderts gelten. Das vermittelte die Ausstellung unerwartet gut. Grade seine ganz einfachen Zeichnungen haben eine starke Emotionalität die man in seinen konstruktivistischen Ölbildern kaum wiederfindet.



Einige Werke von Paul Klee finden sich auch in der Kunsthalle Bern. Das Museum stand zunächst gar nicht auf der Ziel-Liste, hat aber einige Highlights und ist unbedingt eine Besuch wert!


Einen breiten Raum hat in der Ausstellung die spät.impressionistische Strömung der Nabis.

Historisch ist auch der Bärenzwinger am Stadtgraben. Seit 500 Jahren werden hier Bären gehalten als Symbol für die Macht und das Wappen für die Stadt.

Besonders stolz ist Bern auf seine über hundert öffentlichen Brunnen. Sie sind historisch und dienten zur Wasserversorgung der Stadt. Als Tourist kann man dort bedenkenlos Wasser zapfen. Auch die Berner selbst zapfen dort gern ihr Trinkwasser und der Brunnen mit dem angeblich besten Trinkwasser lag gleich neben meinem Wohnquartier.



Ungewöhnlich ist auch die Wasserentsorgung. Direkt an einer Wand der historischen Zytglocke ist eine Pinkelmauer:


Die Pinkelmauer gibt es schon seit mehr als 100 Jahren.....und die Schweizer lassen sich alte Rechte nicht nehmen.

Die Zytglocke ist das Wahrzeichen von Bern. Sie wurde auch von innen besichtigt.

Modell der Änderung des Aussehens des Turms.

Der Mond stand zum Besuchszeitpunkt im Schützen und war fast voll. Die Sonne stand im Löwen.

Die astronomische Uhr hat zahlreiche Funktionen

Im Inneren war zu sehen wie das originale, 500 Jahre alte Uhrwerk die Funktionen bedient:


Der Konstrukteur war Waffenschmied. Eine Achse des Räderwerks ist ein Gewehrlauf.  

Die Zytglockenturm-Uhr ist die einzige original erhaltene astronomische Uhr die bis heute von Hand aufgezogen wird. Während des hochziehens der Gewichte ist die Uhr abgekoppelt. Damit sie während der Pause weiterlaufen kann, gibt es eine trickreiche Konstruktion mit einem Zusatzgewicht.
 


Im Zytglockenturm gibt es ein Türmer-Zimmer mit Kamin. Der Kamin endet in der Holzkonstruktion um den Dachstuhl mit dem Rauch zu konservieren.
Der Dachstuhl überlebte so 500 Jahre!





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