Die Mondfinsternis vom 16.5.22. fand in Europa in der
Morgendämmerung statt.
Selbst ganz im Westen in Irland oder auf der Iberischen Halbinsel war
die Finsternis nicht komplett zu sehen.....Doch es gab eine Ausnahme.
Auf der westlichsten der Kanarischen Inseln war die komplette
Totalität bei perfekter Dunkelheit zu beobachten und der
Austritt aus dem Kernschatten fiel in die Dämmerung.
Das Ticket
kostete von München aus nur 250 Euro. Das war für ein
verlängertes Wochenende OK zumal sich die Gelegenheit anbot
auch die Teleskope auf dem 2426m hohen Roque de los Muchachos zu
besichtigen und einem Abstecher zum Vulkan Cumbre Vieja
hinzuzufügen.
Der Vulkan war während seines Ausbruchs im letzten Oktober
schon mal das Reiseziel und es war spannend zu schauen was aus ihm
geworden war.
Kurz vor Weihnachten endete die Eruption und in den
5 Monaten hatten die Menschen etwas Zeit sich an die neue Situation
anzupassen.
Die Wettervorhersage war im Vorfeld nicht optimal. Es sollte auf den
Kanaren einige Wolkenfelder geben.
Tatsächlich
war der Himmel in Santa Cruz bedeckt. Die Wolken waren jedoch niedrig
und bei der Fahrt hinauf auf den Roque wurde klar, dass in der Nacht kein
Wölkchen die Beobachtung trüben würde. Die
Transparenz war ab 2000m sogar extrem gut und der Himmel tiefblau.
Entlang der
Straße blühten zahlreiche
Riesen-Natternköpfe mit ihren gewaltigen
Blütenständen
(https://de.wikipedia.org/wiki/Echium_pininana).
Auf La Palma ist dies eine endemische Art. Typisch ist die violette
Farbe. Auf Teneriffa gibt es ebenfalls Riesen-Natternköpfe,
doch die dortige Art hat rote Blütenstände.
Zwischen den Blüten sausten die Hummeln im prallen Sonnenlicht
hin- und her.
Der
Riesennatternkopf ist ein typisches Beispiel für
Inselgigantismus. Es sind 65 Arten der Gattung bekannt.
Die Blüten der Festlands-Arten sind i.d.R. nur etwa
faustgroß oder kleiner.
Auf dem Gipfel war die optimale Wahl des Beobachtungsplatzes
entscheidend.
Erkundigungen im Vorfeld hatten gezeigt, dass sie die
Helikopterlandeplätze unweit der MAGIC-Teleskope
gut als Beobachtungsposition eignen könnten. Wichtig war ein
freier Blick nach West-Süd-West zum Azimut von 245 Grad. Dort
sollte der Mond nach der Finsternis untergehen.
Am
Helikopterlandeplatz war mit Antonio Gonzalez auch ein lokal bekannter
Amateurastronom zugegen. Einen netten
Kontakt gab es auch zur Kontrollmannschaft des MAGIC-Teleskops. Wegen
des Vollmondes gab es dort in dieser Nacht
keine Gamma-Strahlen-Messungen. Die Gelegenheit wurde jedoch
für interferometrische Tests genutzt.
Es ist möglich Teile des Teleskops zu oder abzuschalten. Auf
diese Weise lässt sich ein Michelson-Interferometer simulieren
um Sterndurchmesser zu bestimmen.
Ein weiteres Ziel in Vollmondnächten ist die Beobachtung von
Asteroidensternbedeckungen.
Da hier nur ein On-Off-Signal benötigt wird, ist die optische
Qualität
der Oberflächen nicht so entscheidend.
In der
Dämmerung wurden die Teleskope aufgebaut. Das erste Ziel war
die untergehende Sonne. Über dem Meer lag eine schmale
Wolkenbank unterhalb
derer sich der Himmel nochmal als 10 Bogenminuten breiter Silberstreif
öffnete. Die Sonne wurde also beim Untergang zunächst
durch die Wolken
verdeckt lief dann aber durch diesen schmalen Schlitz direkt auf das
Meer zu.
Beim Verschwinden der Sonne war ein intensiver Blue Flash zu erkennen.
Der Blue-Flash war sehr klein und sehr kurz aber relativ hell.
Grünanteile
gab es zwar auch, doch diese waren vergleichsweise
unauffällig. Im 8x26 Pocketglas war die Sonne selbst von
erträglicher Helligkeit und überhaupt nicht blendend.
Die Auswertung der Fotos zeigte das es auch oberhalb des
Wolkenstreifens einen Blueflash gab.
Dieser wurde nicht gesehen aber fotografiert.
Beim Blue-Flash im Wolkenstreifen war es andersrum. Er wurde gut
gesehen aber auf dem Foto war er nicht.
Einen Greenflash gab es noch am Folgetag - Leider ist auch diese
Aufnahme verwackelt.
Da nur
Handgepäck gebucht worden war konnte nur eine kleine
Ausrüstung mitgenommen werden.
Sie bestand aus einem 72mm f/6 ED-Refraktor auf einer Staradventurer
und einem 180mmm Teleobjektiv.
Ferner wurde in Fisheye verwendet um die Helligkeitsentwicklung des
Mondes im Halbschatten genauer zu bestimmen.
Mit der
aufziehenden Dämmerung ging der Mond hinter dem Kamm des Roque
auf.
Er wanderte
so im Laufe der Nacht an den Sternwarten vorbei.
Obwohl es bis zur Mofi noch einige Stunden dauerte wurde die Zeit nicht
lang. Gelegentlich wurden ein paar Worte mit Antonio Gonzalez
gewechselt, ein paar Szenefotos geschossen
oder das MAGIC-Team besucht.
Schon zu Beginn der Halbschattenfinsternis war recht früh eine
leichte Trübung
am linken Mondrand sichtbar. Auf dem Fotos ist er besser zu erkennen
als visuell.
Mit dem
Beginn der Totalität wurde der Himmel
extrem dunkel. Der rote Mond stand rechts neben dem
vollständig sichtbaren Skorpion über den
MAGIC-Teleskopen. Die extrem helle und kontrastreiche
Milchstraße reckte sich links vom Skorpion hoch in den Zenit.
Ein umwerfender Anblick.
Im 8x26 Fernglas waren M6 und M 7 leicht zu sehen. M6 erschien klein
und oval mit einem halben Dutzend hellerer Sterne vor
nebulösen Hintergrund. Das Achsverhältnis des Ovals
ist grob 1:2
und die Orientierung Ost-West. M7 ist deutlich
größer und runder. Mehr als ein Dutzend hellerer
Sterne stehen gestreut beisammen. Beide Sternhaufen
passten gut zusammen in das Fernglasgesichtsfeld. Sie waren nicht
schwächer als M8 im Schützen.
Die Milchstraße im Schützen war knallig. Die
Schildwolke stach heraus.
Strichspuraufnahme der Totalität.
Währen
der Totalität zeigte sich im 8x26 ein interessanter vorher
nicht beachteter Effekt.
Durch die AP von 3,2 war der Mond weniger rötlich als mit
freien Auge.
Im Fernglas waren dank des perfekten Himmels um den verfinsterten Mond
massig Sterne zu sehen, die auf länger belichteten Fotos
auch gut zu erkennen sind.
Während der Finsternis wurde die MAGIC-Mannschaft besucht um
gemeinsam die Totalität anzuschauen. Nebenbei wurden dabei
auch 3 Sternschnuppen gesichtet. Eine zog fast waagerecht unter dem
Polarstern hindurch.
Die grünen Grafiken zeigen welche Spiegelsegmente und welche
Pixel der
Kamera einsatzfähig sind. Für die interferometrischen
Experimente
werden nur einzelne Segmente der Spiegel zugeschaltet.
Nach dem
Ende der Totalität begann die Dämmerung. Der Austritt
aus dem Kernschatten
vollzog sich am leicht aufgehellten Himmel.
Es entstanden mehrere Videos die den Verlauf der Mofi dokumentieren.
Mondfinsternis auf La Palma
am 15/16.5.2022
72/400 ED-Apo + Reducer-0,8
Star-Adventurer, EOS-M
Mondfinsternis auf La Palma am 15/16.5.2022
180mm Tele f/4, Star-Adventurer, EOS-M
Mondfinsternis auf La Palma am 15/16.5.2022
180mm Tele f/4, Star-Adventurer, EOS-M
Totalität Sternzentriert
Mondfinsternis auf La Palma am 15/16.5.2022
6,5mm Fisheye, EOS-M
Zum Schluss
gab es noch einen unerwarteten Bonus.
Kurz vor dem Verblassen des Mondes war der Erdschatten am Westhorizont
zu sehen. Der Roque warf seinen eigenen Schattenkegel auf den
Erdschatten. Auf der Spitze des Kegels stand der Mond,
wie eine Christbaumkugel auf einem zu flach geratenen Weihnachtsbaum.
Eine solch spezielle Geometrie kann es nur geben, wenn eine
Mondfinsternis in der Dämmerung beginnt oder endet. Bei einer
Mofi um Mitternacht wäre der Trabant in der Dämmerung
schon zu weit vom Erdschatten entfernt.
In der Vertikalen um Faktor 5x gestreckt:
Der Anblick
wurde bis zum letzten Moment ausgekostet und danach gab es ein paar
Stunden Schlaf.
Co-Beobachter Antonio Gonzalez sendete noch ein Poster das er
aus den Bildern dieser Nacht erstellt hat und das die Stimmung gut wiedergibt.